Der Zwergtaucher

Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einem größeren Stillgewässer und entdecken in der Ferne etwas auf der Wasseroberfläche, dass sich auf und ab bewegt und plötzlich verschwindet, um dann genauso plötzlich, nach kurzer Zeit, an einer anderen Stelle wieder „hochzuploppen, wie ein größerer Korken“. Erst nach genauerem Hinsehen erkennen Sie, dass es sich um eine Wasservogelart handelt.

So kann es Ihnen, bei Ihrer ersten Begegnung mit dem kleinsten europäischen Taucher, dem Zwergtaucher, ergehen.

Adulter Zwergtaucher im Prachtkleid (Tachybaptus ruficollis) (Bild: TrkaP)

Systematik

Ordnung: Lappentaucherartige (Podicipediformes)
Familie: Lappentaucher (Podicipedidae)
Gattung: Tachybaptus
Art: Zwergtaucher (Tachybaptus ruficollis)

Maße:

Körperlänge: 25 bis 29 cm
Flügelspannweite
40 bis 45 cm
Gewicht:
100 bis 200 g

Geschlechtsunterschiede sind nur geringfügig ausgeprägt. Die Männchen sind durchschnittlich etwas größer als die Weibchen und haben einen etwas kräftigeren Schnabel, was aber aus der Ferne nicht erkennbar ist.

Schlicht- und Prachtkleid Zum Winter hin wechseln die Adulten ihr Gefieder vom Prachtkleid zum Schlichtkleid. Die Mauser beginnt normalerweise im August und dauaert bis Oktober, es kommt auch vor, dass sie später anfangen und dann noch bis in den November hinein mausern. Im einfachen Schlichtkleid ist das Gefieder im Grundton viel heller und die Farbtöne sind im Vergleich zur Brutsaison unscharf abgegrenzt. Die Körperoberseite ist dunkelbraun, das Kinn ist weiß, Wangen, Hals und Vorderbrust sind braun. Die Flanken und Halsseiten sind eher graubraun mit einzelnen rötlichbraunen Flecken versehen und der gelbliche bis weiße Mundwinkel fehlt.

Im Prachtkleid ist der Oberkopf, sowie der Hinterhals schwarz bis schwarzbraun, wobei der Oberkopf bei entsprechendem Lichteinfall etwas grünlich schimmern kann. Hinterkopf, Hals und Nacken haben eine kräftige rotbraune Farbe, die bis zu den Wangen herunterreicht. Die Augen sind rotbraun bis leuchtend rot.
Der Mundwinkel ist gelblich bis weiß und von weitem deutlich erkennbar. Rücken und Flanken sind schwarzbraun mit hellen Stricheln.

Zwergtaucher im Prachtkleid am Großen Kuhteich (Bild: TrkaP)


Schwimmen und Tauchen Der Begriff Lappentaucher bezieht sich auf die kräftigen Beine, die sich weit hinten am Körper befinden, sie sind für die schnelle Fortbewegung, bei Jagd und Gefahr, auf und unter Wasser wichtig. Sie werden auch als Steuerruder eingesetzt.
Je nach bevorzugtem Nahrungsspektrum haben sich 2 Lappentaucherarten entwickelt.
Die, die Fische und die, die Wasserinsekten jagen.
Der Zwergtaucher bevorzugt Insekten und gehört somit zu der 2. Kategorie.
Wasservögel haben zwischen den Zehen Schwimmhäute, die für den Antrieb sorgen.
Bei Lappentauchern sind Beine und Füße größer und kräftiger ausgebildet als bei anderen Wasservogelarten und
ermöglichen es ihm, sich auf und unter Wasser bei der Jagd und bei Gefahr, schneller fortzubewegen. Auf Grund der Göße nennt mann die Häute zwischen den Zehen Schwimmlappen (namensgebend für die Art). Bei der Vorwärtsbewegung der Füße falten sich die Schwimmlappen zusammen, hierdurch wird der Widerstand gegenüber dem Wasser stark reduziert und ist gleichzeitig kräftesparend. Zieht der Zwergtaucher die Füße nach hinten, was ihn dann nach vorne treibt, entfalten sich die Schwimmhäute und verdrängen, durch die vergrößerte Fläche, mehr Wasser und treiben somit den Körper schneller vorwärts. Durch die Anordnung der Zehen, 3 nach vorne und einen nach hinten gerichtet, erhalten die Schwimmlappen eine größere Stabilität.

Blick vom Pavillon auf den Große Kuhteich, (links oben = Osten), wo der Zwertaucher ein typisches Brutbiotop mit genügenden Rückzugsorten und Brutplätzen im Uferbereich findet. 2023 gab es dort 2 erfolgreiche Bruten, wovon die eine am Ostufer und eine am Nordufer stattfand. Beide Paare konnten jeweils 2 Pulli (Küken) großziehen.
(Bild: TrkaP)

Lebensraum Zur Brutzeit bevorzugt der Zwergtaucher Stillgewässer oder langsame Fließgewässer. Wichtig ist das Vorhandensein von einer strukturreichen Unterwasser- und Schwimmblattvegetation und eine große Dichte an Wasserwirbellosen als Nahrung. Der Uferbereich sollte unbedingt Verlandungszonen mit einer strukturreichen Vegetation aufweisen, wo die Paare ihre Brutreviere einrichten und sie sich mit ihren Pulli, bei Störungen, zurückziehen können.
Im Spätherbst und Winter sind sie auf eisfreie Gewässer angewiesen und suchen dann auch Küstengebiete, größere Seen und schneller fließende Flüsse auf.
Gewässer in denen größere Raubfische vorkommen werden vermieden.

Balztriller und Rufe Während der Balz ist der Zwergtaucher eindeutig an seinem auffällig langen Balztriller zu erkennen. Häufig hört man das Paar im Duett, wobei das Männchen anfängt und das Weibchen dann einstimmt. In der Literatur wird der Balztriller als hoher rythmisch-variabler Ton, der sich wie ein langgezogenes: bi-i-i-i-i-i…. anhört, beschrieben. Die Rufreihen des Revierpaares unterscheiden sich in Tonhöhe, Lautstärke und Dauer.
Zusätzlich kommunzieren die Paare und Jungen durch Stimmfühlungslaute und Warnrufe miteinander.

Dauer Ehe Finden sich zwei Zwergtaucher, bleiben sie ein Leben lang zusammen.
Helmut Bandorf beschreibt in seinem Buch über den Zwergtaucher folgende Beobachtung ( Zweiergruppen im Winter entsprechen aber längst nicht immer Paaren; diese sind, außer an ihrem Balz- und Revierverhalten meist daran zu erkennen, dass bei ihnen nach Erbeutung eines Fisches kein Futterneid herrscht; Erschienen in der NEUEN BREHM-BÜCHEREI)

Brut Der Zwergtaucher kehrt in der Regel zwischen der letzten März- und der ersten Aprilwoche in sein angestammtes Brutgebiet zurück. Abweichungen in beiden Richtungen, sind immer wieder beobachtet worden und sind meistens von den Witterungsbedingungen abhängig. Ein Gelege besteht aus 5 – 6 Eier, wobei ich maximal 2-3 Jungvögel bisher im Streifleswald beobachten konnte, wovon je Brutrevier 0 – 2 Junge flügge wurden.
Beobachtungen haben gezeigt, dass der Termin für das Ablegen des ersten Eies abhängig von Wasserstand, Vegetationsentwicklung und vor allem Wassertemperatur ist.
Daraus kann auch abgeleitet werden, dass zwischen Brutbeginn und Klimaveränderungen ein Zusammenhang besteht!

Wissenschaftler gehen davon aus, dass durch die Erderwärmung, die wir aktuell erleben, auch der Zwergtaucher in naher Zukunft seine Brutgebiete in nördlichere Gefilde verlegen wird.

Nahrung Der überwiegende Anteil an Nahrung macht Insekten aus, die entweder von der Wasseroberfläche und Pflanzen aufgepickt, oder auch aus der Luft geschnappt werden. Sowohl auf und unter Wasser sind sie schnelle und wendige Jäger und fangen Amphibienlarven und Wirbellose. Ab und an erbeuten sie einen Fisch, der auch an den Nachwuchs verfüttert wird. (s. Foto) Zum Teil, wie von Helmut Bandorf oben beschrieben, dienen erwachsenen Zwergtauchern im Winter, Fische auch als Ersatznahrung für Larven und Fluginsekten.

Ein ca. 2 – 3 Wochen alter Pullus am Waldweiher im Streifleswald (Bild: Bild: TrkaP)

Zwergtaucherfütterung mit einem Fisch am Großen Kuhteich (Bild: Privat, Harald Kornmann)

Störanfälligkeit Der Zwergtaucher ist sehr sensibel, und taucht bei geringsten Störungen sofort ab, um sich schnellstmöglich im dichten Ufervegetationsbereich in Sicheheit zu bringen. Im schlimmsten Fall verlässt er das Habitat!
Als Störungen empfindet er laute Geräusche aller Art sowie auch badende Hunde. Er taucht auch schon ab, wenn er bemerkt, dass er beobachtet oder fotograffiert wird!

Schutzstatus in Baden-Württemberg:
Die folgenden Daten stammen aus der aktuellen Roten Liste der Brutvögel Baden-Württembergs 2019. Die Datenerfassung erfolgte allerdingsschon zwischen 2012 – 2016.

Legende:

s     = selten (Bestand: 101 – 1.000)
(<) = deutlicher Rückgang
↓↓  = starke Abnahme (> 20 %)

Flügelkräftigung eines jungen Zwergtauchers (Bild: TrkaP)


Fragen zum Beitrag können Sie gerne an: peter.trka@gmail.com senden.

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